2013 Mustang & Seribung La (Story)

2013 fuhren wir zum dritten Mal nach Nepal, diesmal zusammen mit unseren Freunden Christine und Frank. Die Entscheidung fiel auf Mustang mit einer neuen, wenig begangene Route über den Seribung La, einen 6050 m hohen Pass. Optional planten wir die Besteigung des Seribung Peak mit seinen 6346 Metern ein. Auch diesmal handelte es sich um ein reines Zeltrekking, dessen Organisation wir diesmal mit einem lokalen Anbieter in Kathmandu selbst in die Hand nahmen. 

Mustang war ein unabhängiges buddhistische Königreich im Himalaya an der Grenze zu Tibet und war bis 1991 völlig isoliert. Erst in den letzten Jahren ist es möglich, mit strengen Auflagen in das Königreich zu reisen. Die dort lebenden tibetisch-stämmigen Bothias haben in der völligen Abgeschiedenheit des buddhistisch geprägten Tals ihre sehr einfache Lebensweise erhalten und gepflegt.
Die Landschaft ist geprägt vom Flussbett des Kali Gandaki mit seinen grünen Oasen, einer wüstenhafte Hochgebirgslandschaft, den stark vergletscherten 6000er und 7000er des Damodar Himmels Gebirge und tiefe wüstenartige Canyons.

Nach unserer Ankunft in Kathmandu, flogen wir am nächsten Tag weiter nach Pokhara. Pokhara (1.000 m) bietet eine beeindruckende Aussicht auf die schneebedeckten Berge des Annapurna Massivs und den berühmten „Fischschwanz“, den Machepuchare mit 6997 m. Am nächsten Tag sollten wir weiter nach Jomsom im oberen Kali-Gandaki-Tal  auf 2770 Meter Höhe fliegen. Wegen des schlechten Wetters musste unsere 6-sitzige Propellermaschine kurz vor der Landung wieder umdrehen. Die atemberaubende Aussicht während des Fluges – der Flug geht durch die tiefste Schlucht der Welt, zwischen den 8000ern Dhaulagiri und Annapurna, konnten wir durch die Wolken nur erahnen. 

Nachdem auch am nächsten Tag alle Flüge gecancelt waren, entschied unser Guide per Landweg nach Jomsom zu fahren, eine sehr abenteuerliche und anstrengende Fahrt von 12 Stunden.

Auf Grund des schlechten Wetters und der vorangegangenen Regenfälle war die „Strasse“ durch Felsstürze und Überschwemmung erheblich beschädigt. Strasse hatte den Begriff Strasse eigentlich nicht verdient, zum Teil war sie abgebrochen, von Flüssen überflutet oder ging riskant an steilen Schluchten entlang. Wir waren heilfroh, als wir unverletzt in Jomsom ankamen.

In Jomsom trafen wir nun auf unsere Begleitmannschaft und wanderten bis zum Dorf Kagbeni, dem Tor nach Mustang, dem „Upper Mustang“ was nur mit einer Spezialbewilligung besucht werden durfte. Von dort aus begann das Abenteuer Mustang: wir folgen den auf bis vor kurzem noch verbotenen Pfaden entlang dem Ostufer des Kali-Gandakis. Die Landschaft ist hier weit und spektakulär mit bizarren Felsformationen. 

 

 

 

Wir folgen der Route über verschiedene Dörfer Chusang, Ghyakar, Gheling und dem alten Karawanenort Samar entlang imposanter Schluchten und Hängebrücken immer weiter ins Herz von Mustang. Es geht stetig bergauf. Wir sehen mittelalterlich anmutende Ansiedlungen mit Lehmhäusern und tibetischen Gebetsfahren inmitten grün bewirtschafteten Buchweizenfeldern. Die Landschaft ist bizarr und wüstenartig, überall finden wir auf dem Weg Versteinerungen und Fossilien.

 

 

Auf dem Pass Nyi La, knapp über 4000 Meter haben wir wunderschöne Blicke auf die Weite der Landschaft. Es geht weiter nach Lo Gekar. Hier steht eines der ältesten, buddhistischen Klöster im ganzen Himalaya. Über einige kleine Pässe wandern wir nun auf wenig begangenen Wegen in Richtung Lo Manthang. Von der letzten Anhöhe aus haben wir einen einmaligen Blick auf diese alte Königsstadt in mitten der Weite von Mustang. Umgeben von einer mittelalterlichen Festungsmauer liegt dieses Städtchen inmitten von Feldern. Die weissen und roten Gebäude leuchten schon von weitem.

 

 

In Lo Manthang (3.800 m) haben wir erstmal einen Ruhetag und besuchen die örtliche Schule und die buddhistische Klosterschule. Bis heute hat sich in den Schulen in den Bergdörfern nicht viel verändert. Der Mangel an Unterrichtsmaterial, Hefte, Stifte etc. ist auch in Lo Manthang allgegenwärtig. Das Schulgebäude und der Schlafsaal sind in einem schlechten Zustand. Das größere Problem sind aber in der Regel die Lehrer. Selten zieht es einen guten Pädagogen auf Land, wo es keinen Komfort gibt. Ein Lehrer der uns freundlicherweise die Schule zeigt versorgen wir mit einigen Medikamenten, da er unter leichter Höhenkrankheit leidet. Auch er gibt uns zu verstehen, dass er eigentlich lieber an einer Schule in einer grösseren Stadt unterrichten möchte.
Lo Manthang hat ein mittelalterliches Flair mit einfachen weiss und ocker getünchten Häuser aus Lehm. In den verwinkelten lehmgepressten Gassen um den Königspalast herum laufen Schafe und Ziegen. Entgegen einem scheinbar steten Zerfall der alten Gebäude wird wieder an der Renovierung von Klöstern, unter aktiver Mitarbeit der Bevölkerung und italienischer Restauratoren, gearbeitet. Aufgrund der Erkältung von Heidi und Frank übernachten wir dieses Mal in einer einfachen Lodge.

 

 

Auf unserer gesamten Route bis Lo Manthang sind uns bisher keine anderen Trekker begegnet. Erst in Lo Manthang treffen wir dann auf eine israelische Familie. Im örtlichen „Lily Café“ – zu unserer Überraschung mit einer Espressomaschine ausgestattet –  werden dann erst einmal gemeinsame Erfahrungen ausgetauscht.

Nach Loh Manthang beginnt ein sehr einsamerer Weg, eine kaum begangene Route Richtung Saribung Pass. Unser Weg geht weiter durch eine eindrückliche, wüstenhafte Landschaft über namenlose Pässe. Die tibetische Grenze ist nah und von unserem nächsten Pass auf 5300 Meter haben wir einen wunderschönen Blick in Richtung Tibet. Uns zeigt sich eine phantastische Bergwelt, wir haben das Gefühl «am Ende der Welt» angekommen zu sein.

Auf unserem Weg kommen wir an Chörten vorbei und erreichen schließlich das Höhlenkloster Luri Gompa. Wie ein Adlerhorst klebt dieses Kloster in der steilen Felswand. Die Mönche begrüssen uns freundlich und geben uns gerne Auskunft über ihr einfaches Leben und den geschichtlichen Hintergrund des Klosters.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf unsere nächste Etappe erreichen wir die heiligen Seen von Damodar Kund. Die Seen (4.890m) gelten als eines der am schwierigsten zu erreichenden Pilgerziele im Himalaya. Zu bestimmten Festen treffen sich hier Gläubige um in den Seen ein rituelles Bad zu nehmen. Der grösste der drei Seen, der Dudh Kund wird als Quelle des Kali Gandaki Flusses verehrt. Unser rituelles Bad beschränkt sich wegen der eisigen Temperaturen auf eine Handwaschung – das muss reichen. Auch hier sehen wir um diese Jahreszeit keinen einzigen Pilger und sind mit der grossartigen Landschaft alleine.

Wir steigen weiter in Richtung Basislager Seribung Peak auf 5200 Metern Höhe und bleiben dort 2 Übernachtungen, um uns an die Höhe zu akklimatisieren. Die Luft wird dünner und die Landschaft immer hochalpiner. Unsere Lastentiere, in Mustang sind es Mulis, müssen umdrehen, da sie den Weg über den Pass nicht gewachsen sind.

In Richtung Pass steigen wir über eine eindrückliche Gletscherwelt teils über Moränen und teils über den Kumjungar Gletscher zum Hochlager unweit des Seribung La auf knapp 6000 Metern auf.  Links und rechts unseres Wegs  türm sich bizarr anmutendes Büßer-Eis auf, das in einem eigenartigen Kontrast zu der wüstenähnlichen Hochgebirgslandschaft steht.

 

 

Angekommen im Hochlager gibt es Aufregung. Wie sich herausgestellte, wurde ein Teil unserer Ausrüstung nicht in das Hochlager mitgenommen, einige Träger machten sich auf den Rückweg den Rest der Ausrüstung zu holen. Wir sind von der Höhe und der Anstrengung komplett erschöpft und hätten beim besten Willen uns nicht vorstellen können, diese Route nochmals zu laufen. Als in der Nacht die Träger noch nicht zurück sind, gehen weitere Träger los um ihre Kameraden zu suchen. Nach einiger Zeit tauchen dann glücklicherweise alle auf. 

Wir können in der Höhe kaum noch etwas Essen und versuchen nur so viel wie möglich zu trinken um der drohenden Höhenkrankheit vorzubeugen. In der Höhe sollten optimal bis zu 5l am Tag getrunken werden um das Blut flüssig zu halten. Leider mit der unschönen Konsequenz nachts mehrmals aus dem warmen Schlafsack zu krabbeln und vor das Zelt zu gehen. Bei Temperaturen von unter -20°C kein Vergnügen. An erholsamen Schlaf kaum zu denken.

Die Gefahr der Höhenkrankheit d.h. ein Lungen- oder Hirnödem zu bekommen ist immer präsent und wird vom Betroffenen im Anfangsstadium meist nicht wahrgenommen oder als solches interpretiert. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist eine langsame und kontrollierte Akklimatisation entscheidend – aber kein Garant dafür die Krankheit zu vermeiden. Wir überprüfen deshalb regelmässig unsere Sauerstoffstättigung. Christine’s Wert hat sich mittlerweile auf einen bedenklichen Wert gesenkt und wir beginnen uns Sorgen zu machen. Wir entscheiden deshalb, dass wir auf die Besteigung des Saribung Peak (6.346m) verzichten und versuchen am nächsten Tag zügig über den Pass zu kommen um dann wieder niedrigere Höhen zu erreichen.

 

 

 

Obwohl es nicht mehr weit zum Pass sind, ist es bei der Höhe zum Seribung La mit seinen 6050 Metern ein sehr mühsamer Aufstieg. Christine hält sich trotz ihrer Sauerstoffwerte tapfer und zeigt sich zäh. Am Pass sind wir glücklich auf das Erreichte aber sehr erschöpft.

Nach der Freude beginnt ein zäher Abstieg über einen riesigen, schuttbedeckten Gletscher. Obwohl wir im Abstieg sind geht es anstrengend in einem ständigen Auf- und Ab über den Gletscher. Eine unwirkliche karke Umgebung, in der wir dann auch kurzfristig unsere Zelte aufschlagen.

Am nächsten Tag steigen wir weiter über den Gletscher in tiefere Gefilde ab und kommen langsam wieder an ein erstes Dorf mit Namen Phu. Wir fühlen uns wieder ins Mittelalter zurückversetzt. Das Dorf ist aus größerer Entfernung kaum zu erkennen. Baumaterialen und Baustiel verschmelzen förmlich mit der Umgebung. Die Bewohner leben einen an die karge Umwelt angepassten traditionellen Lebensstil.

Wir laufen weiter an weiteren Dörfern vorbei. Uns scheint es dass der Weg in Richtung Zivilisation kein Ende nimmt.

Den Rest der Route fahren wir dann wieder mit dem örtlich bewährten Mahindra Jeep. Der Jeep ist eine wahre „Bergziege“ kommt aber auf der schwierigen Strasse auch nur langsam voran. Egal – bloss nicht mehr laufen. So geht es dann im Schneckentempo weiter Richtung Besisahar wo wir seit langem wieder in einer Lodge übernachten. Abends verabschieden wir feuchtfröhlich unsere Mannschaft und am nächsten Tage geht es weiter nach Pokhara und mit dem Flieger zurück nach Kathmandu.

Nach fast 3 Wochen sind wir zurück und sind uns einig, dass es ein ganz aussergewöhnliches Erlebnis war. In Kathmandu haben wir noch ausgiebig Zeit die Stadt anzuschauen, die uns auch noch nach dem dritten Besuch immer wieder begeistert.

siehe auch das Video zu der Mustang – Reise

 

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